In memory of the Austrian master whose cinema narrated truth through light and space.

The cinema of Austrian master Peter Schreiner is especially dear to International Film Festival Rotterdam: of his twelve features, five commenced their way into the world from here, while three more works were screened at IFFR after opening elsewhere. That said, Rotterdam had also been a turning point in his career: when in 1996 after the world premiere of Blaue Ferne the venue was almost empty, and the few remaining viewers lost in silence, Schreiner stopped making films for almost a decade, to dedicate his life instead to social work. Later, he would add to this story that he had put everything he felt capable of doing and imagining into Blaue Ferne, and that he probably hadn't known what to do next, even if a full house had welcomed him with a standing ovation.

Schreiner, kind, soft-spoken, and gentle, was always full of self-doubt – he felt he never gave enough of himself to others. Yet, at the same time, he was extremely determined, focused, energetic, and willing to follow his projects through to the end, even if it meant re-imagining them halfway through. His art defies the common ways of classifying films – he made pure cinema that narrated truth through light and space. Which doesn't mean that Schreiner's films are abstract: they tell stories about the need for company and love, the pleasures of sharing and the pains of rejection – narratives of making a life, of journeys towards wisdom, in one way or another always anchored in the lives and histories of Schreiner and some close friends.

With his final film, Tage, Schreiner returned to his beginnings: a film about himself and the people he loves. He had been diagnosed with cancer, which he took as an aesthetic challenge: what can you create when your body weakens, and what can be said when words sometimes feel so heavy and long? The same way the Blaue Ferne-break felt different to Schreiner in hindsight, Tage looks different now that Schreiner is gone – what should have been an interlude became a testament, sum total. Now the ever-present tree in his garden looks more than ever like a cross, and the long talks with his wife Maria like a luxury, a taste of what makes life worth living.

On 9 June, after a long battle with cancer, Peter Schreiner passed on. The last screenings he attended were in 2023 here at IFFR, with Tage. What remains are his films, which feel like messages from a future we need to learn to long for – a place of care for one another, of generosity, of desire and love.

Olaf Möller

 

www.iffr.com

 

Peter Schreiner war ein ruhiger Mann. Man könnte fast sagen, er war still. In Gesprächen mit ihm fiel mir vor allem die Sanftheit seiner Stimme auf. Er war ein sensibler, empfindlicher und empfindsamer Mensch. Ungerechtigkeiten und Missstände, die wir oft nur als “Nachrichten” wahrnehmen, schmerzten ihn zutiefst. 

Kein Wunder, dass ein solcher Mann, auch sensible Filme gemacht hat. Der Versuch, sie zu beschreiben erscheint den Filmen gegenüber ungenügend. Als ob sie an den falschen Worten zerbrechen könnten. Es sind keine Filme der Worte, wenn auch in manchen seiner Filme einiges gesprochen wird. In seinem Film Garten beispielsweise berichten die Figuren von vergangenen Verletzungen. Oftmals sind ihre Worte nicht synchron zum Bild, sondern wir hören sie in einer Art Voice-Over. Währenddessen tauchen sich die Bilder des Filmes in Dunkelheit, sie bewegen sich durch einen fast abstrakten Raum aus Blättern, Gesichtern und Nacht.

Diese Bilder (und Töne) sind oft ganz groß, obwohl sie nie bombastisch oder grandios sind. Dass sie einen dennoch bewegen, zeigt die Feinfühligkeit der Filme. Eine kleine Geste, die kleinste Bewegung der Kamera oder der Personen und Gegenstände im Bild, ein sanfter Ton: sie bekommen Raum in den Filmen von Peter Schreiner. Ihnen wird geduldig Zeit gegeben, sich zu entfalten. In Schreiners Filmen, dürfen Bilder erst einmal für sich selbst stehen. Sie werden nicht sofort nach ihrem Informationsgehalt oder ihrer narrativen Wirkung gewertet und hinterfragt. Unsere Aufmerksamkeit verdienen sie einfach durch sich selbst. 

Vor allem in seinen frühen Filmen steht jede Einstellung für sich. Die Filme befinden sich im Hier und Jetzt. Es fühlt sich fast so an, als ob Schreiner die Filme ebenfalls von Sekunde zu Sekunde entdeckt, sowie auch wir es tun, wenn wir die Filme sehen. Manchmal drohen sie dabei fast zu zerfallen: Ist die Summe größer als die einzelnen Teile? Das ist nicht immer ganz klar. Doch es liegt eine große Schönheit darin, sich mit Offenheit auf das einzulassen, was Schreiner mit seiner Kamera entdeckt hat. Wie in den Filmen der Lumières, oder Peter Huttons könnten seine Filme nach fast jedem Bild enden. Doch man sitzt und hofft, dass es noch ein weiteres Bild geben wird. Es ist eine Form von Aufmerksamkeit, die für das Kino gedacht ist.

Peter Schreiner war immer auf der Suche danach, mit seiner Kamera wirklich etwas zu sehen. Das ist vielleicht auch der Grund, warum er sie wiederholt auf dieselben Gesichter richtete: um sie wirklich zu sehen. 

Die Filme von Peter Schreiner, das sind auch Filme voller Leben. Er hat das Leben und die Welt gefilmt. Manchmal war er selbst Teil dieser gefilmten Welt, manchmal waren es andere Menschen. Öfters filmte er nicht nur das Leben sondern sein Leben. Das heißt nicht unbedingt, dass die Filme autobiographisch oder dokumentarisch sind (obwohl sie meist so bezeichnet werden in Texten und Festivalkatalogen). Die Intimität vieler seiner Filme hat sie nie einfach nur privat (im Sinne von home movies) gemacht. Wenn er die Gesichter derer gefilmt hat, die er geliebt und geschätzt hat und die ihn fasziniert haben, dann war da immer eine Begegnung mit der Welt und dem/der/den Anderen

Seine Filme waren bevölkert von den Menschen, den Orten und den Begebenheiten seines Lebens. Als Peter Schreiner die Liebe suchte, taten das seine Filme auch. Nachdem er seine Frau Maria kennenlernte, strahlen seine Filme in jedem Moment, in dem sie auftaucht, vor Freude. Als Peter Schreiner Italien für sich entdeckte und erkundete, tat er das auch mit der Kamera. Und so wurde das Land immer präsenter in seinen Filmen. Nachdem er an Krebs erkrankte, richtete er die Kamera wieder auf sich selbst und zeigte das Leben mit und trotz der Krankheit.

Film und Leben gingen für ihn immer Hand in Hand. Das Eine erfüllte und durchflutete das Andere. Wenn man sich das vor Augen führt, kann man wohl erst begreifen wie groß seine Enttäuschung gewesen sein muss, als Blaue Ferne kaum Aufmerksamkeit erfuhr. Schreiner zog sich aus dem Kino zurück und machte 10 Jahre lang keinen Film mehr. Und doch kehrte er zurück. 

Filme gut zu machen war ihm wichtiger als “gute Filme” zu machen. Es ging ihm darum, ein gutes Leben zu führen. In diesem Leben spielte die Filmkamera eine Rolle. Sie legte Zeugenschaft über das gut geführte Leben ab. Sie war nicht wichtiger als das Leben. Das Filmen stand nicht über dem Leben, sondern war Teil davon. Peter Schreiner erzählte gerne, wie er zum ersten Mal seinen Sohn filmte. Er sprach von der Angst, die er verspürte, als er dieses große mechanische Gerät über diesem kleinen Säugling aufbaute. Die Angst davor, dass die Kamera umfallen und den Jungen verletzen könnte. Doch es geschah nichts dergleichen, denn Peter Schreiner filmte seinen Sohn mit großer Vorsicht, sowie er alles in seinem Leben filmte: Familie, Freunde, Wüsten, Bäume, Wasser, Wind, Küsse, Schmerzen,  Kinder, Liebe, Krankheit,… 

Er hat gefilmt, solange er dazu imstande war. Für seinen letzten Film Tage war es ihm nicht mehr möglich, komplexe Kamerafahrten oder -bewegungen auszuführen. Das Bewegen des Stativs und das Einrichten eines Bildes kosteten ihm viel Kraft. Aber er tat es trotzdem, denn er hat das Filmen geliebt. 

Sebastian Bobik

https://jugendohnefilm.com

 

 

Mit tiefer Betroffenheit gibt das Filmarchiv Austria im Namen der Familie die Nachricht vom Ableben unseres geschätzten Wegbegleiters und Freundes Peter Schreiner bekannt, der am 9. Juni 2023 nach langer, schwerer Krankheit im 67. Lebensjahr verstorben ist.

 

Peter Schreiner galt als Enigma, als großer Unbekannter und doch als einer der außergewöhnlichsten Filmemacher Österreichs. Sein Kino ist zutiefst persönlich, speist sich aus Begegnungen mit Familie, Freunden, Bekannten und seiner unmittelbaren Umgebung, ohne dabei hermetisch zu sein. Im Gegenteil: Der neugierige Blick auf sein Gegenüber eröffnet den ZuseherInnen besondere Ansichten, Einsichten und Zugänge zur Welt – voller Tiefe, Klarheit und Wärme. Seit 1983 realisierte Peter Schreiner als Regisseur, Kameramann, Schnittmeister, Darsteller und Produzent in Personalunion seine Arbeiten, die die Grenzen zwischen Spiel-, Dokumentar- und Avantgardefilm durchmessen.

 

Seine Laufbahn verlief dabei alles andere als reibungslos: Lange Zeit blieb ihm die Anerkennung verwehrt, erst in den letzten Jahren wurde sein Werk auch auf internationalen Filmfestivals gezeigt und erfreut sich seither einer wachsenden Fangemeinde. Wie auch sein letzter Film,

, der Anfang 2023 in Rotterdam vorgestellt wurde und der vom 18. bis 20. Juni erstmals im METRO Kinokulturhaus in Österreich aufgeführt wird – nun der Abschluss einer intensiven Partnerschaft, die das Filmarchiv Austria mit Peter Schreiner in den vergangenen Jahren verband. Anlässlich einer ihm gewidmeten Retrospektive, die im November 2022 im METRO stattfand, wurden Schreiners frühe, analoge Arbeiten digital restauriert, ebenso erschien eine umfassende Monografie

von Olaf Möller, der sich wie kein anderer mit Schreiners Leben und Werk auseinandergesetzt hat.

 

Wir trauern um einen außergewöhnlichen Filmkünstler, der uns als bescheidener, großzügiger und vor allem herzlicher Mensch in Erinnerung bleiben wird. Unser tiefstes Mitgefühl gilt seiner Familie.

 

www.filmarchiv.at

 

 

Wien (OTS) - „Peter Schreiner hat ein Oeuvre unverwechselbarer Ästhetik hinterlassen und hat in seinen Arbeiten immer das Gespräch gesucht. So zeichnen sich seine Filme durch eine immense Offenheit und ein großes Interesse an seinen Gegenübern, am Mensch-Sein an sich, aus. Sie vermitteln konkrete Erfahrungen von Welt und Zeit, von Bewegung und Stillstand, von Schwere und Zartheit. Und sie sind – wie auch ihr Schöpfer – absolut einzigartig, nicht nur in der österreichischen Filmlandschaft: Ein Solitär, aber kein Einzelgänger. Meine Anteilnahme gilt insbesondere seiner Familie, seinen Freundinnen und Freunden und seinen zahlreichen Weggefährtinnen und -gefährten“, so Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer.

 

www.ots.at

 

 

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